Im Zentrum der künstlerischen Arbeit von mur.at stand 2018 das Thema Machine Learning. Dieser Begriff bezeichnet ein Verfahren, bei dem Maschinen aus einer Vielzahl von Beispielen Muster extrahieren und diese verallgemeinern können. Weitgehend verborgen beeinflussen derartige Systeme mehr und mehr unsere Leben.
In der Ausstellung sensu lato :: im weiteren Sinne präsentiert das Projektteam die Ergebnisse der knapp einjährigen Auseinandersetzung mit verschiedenen Formen maschinellen Lernens.
Eröffnung :: 23. November 2018 - 19 Uhr
Insektenmännchen schaffen spielend, was ausgebildeten Botaniker*innen nicht immer gelingt, nämlich die Blüten immer richtig zu erkennen. An Hand von über 2000 Beispielbildern von Ophrys-Blüten aus dem Archiv DJ wurden praktische Versuche angestellt. Schon nach kurzem Training konnte eine höchst überraschende Trefferquote von 83 Prozent erzielt werden. Die confusion matrix der Überprüfung verdeutlicht, dass sich die Irrtümer bei der Zuordnung vor allem in Kategorien häufen, wo die exakte Abgrenzung der Arten auch unter Botanikern nicht unstrittig ist.
Dietmar Jakely, Martin Schitter
Auf die Klassifizierung von Bildern mittels Neuronaler Netze folgt als nächster Schritt die Erzeugung künstlicher Bilder. Unter Verwendung von Generative Adverserial Networks (GANs) begannen wir, die Maschine Orchideen zeichnen zu lassen. Schritt für Schritt nähert sich das Netz etwas an, das als Bild einer Orchidee gelten könnte. 64 Pixel im Quadrat klein sind die Bilder und zigtausende davon ließen wir zeichnen. Die Serien zeigen das langsame Entstehen eines immer konkreter werdenden Bildes einer Pflanze. Welches Verständnis die Maschine von der Orchidee hat, bleibt offen.
Jogi Hofmüller, Dietmar Jakely
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kry1 = 'Was sehe oder hoere ich, wenn die Maschine lernt?'
kry2 = 'Stille.'
kry3 = 'Dunkelheit und Licht.'
enc1 = kry1.encode('utf-8')
enc2 = kry2.encode('utf-8')
enc3 = kry3.encode('utf-8')
print(enc1.hex())
print(enc2.hex())
print(enc3.hex())
Merna El-Mohasel
Der Text der 1714 entstandenen Abhandlung Leibniz’ „Monadologie“ fungiert als Material für das Entstehen der Zeichnungsserie. Die einzelnen Wörter werden als Datenmenge behandelt und nach bestimmten Kriterien organisiert. Das Ergebnis wird in einer Informationstabelle, in einem System verräumlicht. Die Zeichnungslinie (in der Form eines Kurvenwerkzeugs eines CAD Programms) durchläuft den auf diese Weise organisierten Raum, indem sie die ursprüngliche semantische Ordnung des leibnizschen Texts wiederherstellt. Die Spur dieses Vorgangs finalisiert visuell die Zeichnung ohne die Intervention der Künstlerin.
Elena Peytchinska
Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.
(Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft B75, A48)
[D]ie Funktion für sich allein ist unvollständig, ergänzungsbedürftig oder ungesättigt zu nennen.
(Gottlob Frege, Funktion und Begriff 6).
Gegenstand ist alles, was nicht Funktion ist, dessen Ausdruck also keine leere Stelle mit sich führt
(Gottlob Frege, Funktion und Begriff 18).
Obwohl die oberflächliche Nachahmung bildnerischer Ausdrucksmittel häufig genutzt wird, um die Fähigkeiten von ML Techniken unter Beweis zu stellen, hat das mit künstlerischem Anstrengungen meist genauso wenig zu tun zu wie mit sinnlich erfahrbarer Reflexion der verwendeten Mittel und ihrer Grundlagen.
Aber auch in die andere Richtung vermag man man nicht sehr weit vorzudringen. Das Spiel mit den komplizierten Werkzeugen – hier z.B. sgn. /semantic segmentation/ – bleibt rudimentär und unbeholfen. Sehr viel vermag man damit in den Bildern noch nicht zu erkennen und herauszuheben. Es reicht aber zumindest, um die Kategorie “Person” bzw. “Mensch” maschinell zu identifizieren und zum Verschwinden zu bringen – sie nur mehr als klaffende Lücke und Leerstelle erscheinen zu lassen.
Matin Schitter
Ein Neuronales Netz, gefüttert mit mehr als 100.000 Bildern von Straßen der Stadt Graz wird dazu benutzt, neue Ansichten der Stadt zu generieren. Vertraute Gebäude sind bald erkennbar, doch der gesamte Straßenzug will sich nicht so ohne weiteres am Stadtplan finden lassen. Wieder sind es tausende Bilder, aus denen eine Auswahl zu treffen ist. Der eigene Begriff für Ästhetik wird zum Kurator, und bestimmt, was als potentielles Kunstwerk präsentiert werden wird. Die Frage, wer das Bild geschaffen hat, bleibt unbeantwortet.
Jogi Hofmüller, Martin Schitter
Lernprozesse des maschinellen Lernens laufen nach regelbasierten Schemata und Kategorien ab. Die iterative Verfeinerung benötigt zahlreiche Durchläufe und Prozess-Schichten. Unser Ansatz überträgt dieses “Schichtenverfahren” in einen ästhetischen Kontext. Als Ausgangsmaterial dienen maschinell generierte Straßenbilder, die als Videoprojektionen auf bzw. über reale Orte der Stadt gelegt wurden. Das fotografierte Resultat lässt die reale Struktur mit dem fiktiven Content der Projektion verschmelzen, Strukturen und Beschaffenheit des Realen schreiben sich als Textur in die entstehenden Bilder ein. Die generierten Bilder werden in Analogie zum Processing in maschinellen Lernvorgängen durch den realen Untergrund erneut umgeformt oder überschrieben.
Margarethe Maierhofer-Lischka, Jogi Hofmüller
ist gängiger Alltag: wenn ich mit Alexa oder Siri oder Hello-Barbie oder anderen “selbstsprechenden” Online-Auskunftsdiensten kommuniziere, ärgere ich mich zwar über unsichtbare Überwachungsmöglichkeiten und Sprechnormierung, aber: wundere ich mich noch über die “Fähigkeit” der Software, das, was ich sage, richtig zu interpretieren? Was ist, wenn der Computer nein sagt, also meine Aussprache nicht versteht?
Testserien mit Fieldrecordings wie zB Unterwasseraufnahmen. Gesprochene Sprache und der Versuch, Klang zu generieren, der zwar nach Sprache klingt, aber keine Bedeutung mehr transportiert. Und könnte mir das nicht auch trotz aller Ablehnung des Manipulationspotentials von Algorithmen (oder genauer: Programmierlogiken von Menschen, die die Algorithmen gestalten) einfach gefallen?
Reni Hofmüller, Martin Rumori
ist eine zutiefst menschliche Angelegenheit. Computer können riesige Textmengen durchsuchen und finden für passende Suchbegriffe auch entsprechende Stellen. Ein “Verständnis” von Sprache und deren Begriffe gibt es dabei nicht, dabei wäre gerade das nützlich.
Synonymsuchen, Wortabstraktion oder Kategorisierung von Begriffen, sowie ganze Satzanalysen lassen sich jedoch mittels Natural Langauge Processing durchführen.Wir haben verschiedene Text-Corpora evaluiert und mit Part-of-speech Tagging, Wortvektoren und Concept-Graphs experimentiert.
Faszinierend dabei ist, dass die Verwendung von Ansätzen aus dem MachineLearning dabei jetzt schon jeder Modellierung oder Programmierung von Sprachmodellen überlegen ist. Was jedoch schmerzlich fehlt, sind umfangreiche frei zugängliche deutschsprachige Korpora!
Dorian Santner
Die Grundlage für die Installation bildet ein Datensatz, der persönliche Aufzeichnungen und Erinnerungen über den Projektzeitraum enthält.
In der Laserprojektion wandert ein Lichtstreifen als waagrechte Linie über eine nachleuchtende Folie nach oben und repräsentiert damit den Zeitverlauf. Er ist der sympolische Informationsträger, in dem erinnerte Emotionen durch senkrechte Spitzen dargestellt werden. Die Folie wird zum Träger der Erinnerungen; ihr Nachleuchten symbolisiert die Vergänglichkeit.
Christian Gölles
Eröffnung :: 23. November 2018 - 19 Uhr
Ausstellungsdauer :: 24. November bis 14. Dezember 2018
Öffnungszeiten :: Montag bis Mittwoch 10-17 Uhr, Donnerstag 10-20 Uhr, Freitag 10-14 Uhr (und nach Vereinbarung)
Ort :: Akademie Graz, Neutorgasse 42, 8010 Graz
Projektteam anwesend :: Donnerstags 17-20 Uhr
Brunch :: 24. November 2018 - 13 Uhr